Julian Raßmann

Momente, die ich gern in Erinnerung behalte. Ich bin 33 Jahre, in Konstanz daheim und nach Feierabend mit meiner Kamera unterwegs.

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Setzt die Segel und schmiert die Gelenke. Jedes Ziel birgt Gold.

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Splügenpass (2113 m)

Manche Ideen lassen einen nicht mehr los. Darunter auch die, an einem Tag von der Haustür durch 5 Länder mit dem Fahrrad zu fahren. Von Konstanz bis nach Italien – und durch alles, was dazwischenliegt: Schweiz, Österreich und Liechtenstein. Kaum habe ich den Sommer verpasst, geht es auch schon los. Am 03.10.2025, es ist endlich schmerzhaft kalt, könnte der Plan nicht besser sein: Ab 4 Uhr morgens sollen die Räder rollen. Damit mir das gelingt, beginnt die Qual um 3 Uhr mit dem Wecker. Ganz und gar nicht ausgeschlafen, wird sich angezogen, mit Kalorien beladen und auf den Bock geschwungen.

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Das erste Etappenziel: Zum Sonnenaufgang in Österreich sein. Nach 10 km durch Konstanz gibt es dann schon die erste schwer erkämpfte Erfolgsmeldung zu verbuchen: Die Schweiz liegt mir zu Füßen. In Kreuzlingen geht es über die Grenze und schon ist mit 2/5 nahezu das halbe Ziel geschafft. Ich muss nur fest daran glauben.

🇩🇪 🇨🇭

Die noch verbleibende Kilometeranzahl gekonnt ignoriert, geht es bei wohlgesonnenen 3 °C weiter den Bodensee durch Romanshorn, Rohrschach und St. Margrethen entlang. Der Strecke bestens vertraut, werden die ersten Stunden im Blindflug durch die Dunkelheit gestrampelt. In St. Margrethen ist dann nach 60 km das erste Etappenziel abzuhaken und ich rolle über die alte Rheinbrücke nach Österreich.

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In Österreich ist es dann nicht nur nicht wärmer, sondern die Füße sind auch klirrend kalt. Der nächste Kilometer wird entsprechend auch geschoben. Mit frischem Blut in den Füßen und etwas aufgehender Sonne im Gesicht, sind die nächsten 100 km schnell zusammengefasst: Rhein, Rhein, Rhein und Rhein. Vor lauter Rhein bin ich dann prompt an Liechtenstein vorbeigefahren. Das kann man schon mal übersehen. Doch jeder Abwechslung zugeneigt, geht es dann (hurra, hurra) in umgekehrter Richtung ein paar Meter den Rhein nach Liechtenstein zurück – und zappzarapp: 4/5 sind geschafft. Einige Schweißperlen später die Belohnung: In Rothenbrunnen begegnet man dem Rothenbrunnen – einer Mineralquelle mit einem herrlich mineralischen Gschmäckle. Das mag nicht jeder, aber ich freue mich jedes Mal.

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Nach 170 km ist Thusis in Graubünden erreicht. Ab hier wird einem dann auch langsam die Freude dieses Unterfangens spürbar bewusst: Italien muss man sich verdienen. Denn auf den letzten 50 km gilt es noch, die Alpen zu überqueren. Ab hier darf man sich noch weitere knapp 1600 Hm aus den Beinen kitzeln. Das Tagesziel: Der italienische Grenzübergang auf dem Splügenpass auf 2114 m. Der Einstieg zum Splügenpass aber noch in weiter Ferne, kämpft man sich zuerst 1000 Hm auf der nationalen Route 6 (Graubünden-Route) von Thusis nach Splügen hinauf.

Die Temperaturen zehren inzwischen an der Substanz und das Gewicht des Rucksacks will den Berg auch eher hinunter als hinauf. In Andeer (es sind nur noch 25 km bis zum Ziel) dann der erste Tiefpunkt: Ich werde langsamer, der Magen rebelliert und der Mann mit dem Hammer winkt schon aus der Ferne. Da schlägt mir das Wissen um meine für den Rückweg geplante, letztmögliche Zugverbindung gleich auch noch auf den Magen. Doch immerhin: Der mentale Stress sorgt für ein wenig körperliche Wärme. Ich bin am Grübeln und das Ziel am Wanken, da organisiert mir meine Partnerin von zu Hause einen Plan B: ein Zimmer im Hotel Suretta direkt in Splügen. Besser geht es nicht. Jetzt habe ich Zeit.

Ein freier Kopf bringt dann auch wieder Schwung in die Beine und es geht mit hoher Drehzahl weiter bergauf zum Hotel Suretta. In Splügen am Hotel angekommen, bin ich dann auch bereit für das Bett. Doch was soll ich sagen: Splügen ist nicht der Splügenpass. Es warten selbstverständlich noch weitere 650 Hm bis zum Ziel. Der Hotelschlüssel, er könnte wirklich nicht schwerer sein, darf mich auf den letzten Metern dann auch noch begleiten. Serpentine für Serpentine wird sich dann in der Dunkelheit nach oben gekämpft. Dann die erste Euphorie: Das Berghaus Splügenpass macht sich am Horizont erkennbar. Von hier aus sind es nur noch weniger Meter bis zur Passhöhe.

Um 20:27 Uhr ist es dann so weit: Ich rolle über die Grenze nach Italien. Es ist geschafft. Die Temperatur liegt bei 2 °C, der Himmel ist sternenklar und das Mondlicht erlaubt einen wunderbaren Rundumblick vom Splügenpass. Alle Qualen der letzten Stunden sind vergessen. Meine Erkenntnis des heutigen Tages: Es ist kalt und von meiner Haustür bis nach Italien sind 218 km und 2387 Hm zu überwinden. Um diese Erkenntnis reicher, kann ich nun ruhigen Gewissens zu Bette ziehen.

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Ottenberg (680 m)
Flüelapass (2383 m)
Vorder Höhi (1537 m)
Passhöhe Schwägalp (1300 m)
Gotthard Pass (2106 m)